Die Zulagen-Falle

Millionen Deutsche sparen mit einer Riester-Rente fürs Alter, etliche verzichten aber auf Zulagen. Jetzt stellt sich heraus: Wer das macht, ist doppelt gestraft

Stellen Sie sich vor, der Finanzminister spendiert Zigmillionen – und die Menschen holen das Geld nicht ab. Gibt es nicht? Doch, bei der staatlich geförderten Riester-Rente.

Eine Auswertung von Ministeriumszahlen zeigt: Unter den Riester-Sparern gab es im Jahr 2014 mehr als zwei Millionen, die zwar mit entsprechenden Produkten für das Alter vorsorgen – aber die staatlichen Zulagen wohl einfach liegen lassen. Neuere Daten gibt es nicht, und auch über die Gründe, warum so viel Geld nicht abgerufen wird, schweigt die Statistik. Einer liegt aber sehr nahe: Den Anlegern dürfte der Bonus wegen der damit verbundenen Mühen im Alltag zwischen Wocheneinkauf und Steuererklärung aus dem Blick geraten sein.

Ärgerlich ist das verschenkte Geld allemal. Allerdings sind Anleger, die ohne die Zuschüsse sparen, gleich doppelt gestraft, wie jüngst ein Spruch des Bundesgerichtshofs (BGH) zeigte. Im Fall einer Allianz-Kundin urteilten die Richter klipp und klar: Wer ohne staatliche Zulage fürs Alter spart, ist bei einer Pfändung nicht geschützt. Denn das Riester-Kapital ist zwar grundsätzlich vor dem Zugriff von Gläubigern sicher – aber eben nur, wenn für die staatliche Zulage tatsächlich wenigstens ein Antrag vorliegt.

Im Kern stärkt das Karlsruher Urteil damit Riester-Sparern den Rücken: Ihr Vorsorgekapital bleibt fürs Alter erhalten, auch wenn es finanziell einmal nicht so rund läuft. Nun formulierten die Richter die Bedingungen auch im Detail: Erstens muss der Sparer zulagenberechtigt sein (das sind fast alle), zweitens muss die Zulage zum Zeitpunkt einer Insolvenz wenigstens beantragt sein (das vergessen allerdings viele) und drittens gilt der Schutz nur bis zum geförderten Höchstbetrag – und nicht für überzahlte Beträge (das betrifft wenige).

Die volle Riester-Zulage kommt nur bei der Minderheit an

„Laut Bundesgerichtshof reicht es eben nicht, dass ein Vertrag gefördert werden könnte, er muss auch tatsächlich gefördert werden“, sagt Juliane Köster, Syndikusanwältin der Allianz Leben. Ausgestanden ist der Fall der Allianz-Kundin noch nicht: Das Landgericht Stuttgart muss nun klären, ob ein wirksamer Zulagenantrag tatsächlich vorlag.

Das Urteil und die Zahlen der Ministerien werfen erneut ein Schlaglicht auf die Förderregeln: Im System hakt es ganz gewaltig. Die volle Riester-Zulage kommt nur bei der Minderheit an. Von 13 Millionen Riester-Sparern, die ihren Vertrag aktiv bedienten, erhielten zuletzt nur 5,9 Millionen den vollen Bonus.

Zudem legen viele Kunden weniger zurück als die vorgesehenen vier Prozent des Einkommens – entweder mit voller Absicht, weil sie sich den vollen Sparbeitrag nicht leisten können oder wollen. Oder, auch das dürfte ein großer Teil sein, weil sie ihren Vertrag versehentlich schon länger nicht mehr an die aktuellen Lebensumstände angepasst haben. Immerhin fünf Millionen Sparer erhalten nur solche gekürzten Zulagen.

In Sachen Pfändung können aber auch sie aufatmen, denn auch ein gekürzter Bonus bietet vollen Gläubigerschutz (Az. IX ZR 21/17).

Das maue Ausschöpfen der Zulagen ist für das System Riester, das Einschnitte bei der gesetzlichen Rente ausgleichen soll, ein Armutszeugnis. Der Zuschuss ist dabei ein wichtiger Renditehebel. Neuerdings gibt es jährlich 175 Euro pro Sparer und 300 Euro für neugeborene Kinder. „Bei Sparern mit kleineren Einkommen und Familien drücken die Zulagen den Beitrag, den sie selber leisten müssen, besonders stark“, konstatiert Lars Gatschke vom Verbraucherzentrale Bundesverband.

Wie die Zulagen den Sparaufwand senken, zeigt das Beispiel einer Familie mit 70.000 Euro Jahreseinkommen und zwei kleinen Kindern, bei der ein Partner nicht arbeitet: Ihr Eigenbeitrag für die Riester-Vorsorge schrumpft dank staatlicher Boni von 2 160 auf nur mehr 1210 Euro pro Jahr zusammen. So weit, so attraktiv.

Dummerweise ist das Zulagensystem sehr betreuungsintensiv: Kunden und Anbieter müssen sich laufend kümmern. Für die Verwaltung wurde im märkischen Brandenburg an der Havel eigens eine 1300-Mann-Behörde errichtet: die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen.


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